Dr. Sandra Sykora

Provenienzforschung: Puzzeln für den Erkenntnisgewinn

Die Provenienzforschung widmet sich der wissenschaftlichen Untersuchung der Herkunft und Geschichte von Kunst- und Kulturgütern. Idealerweise kann sie den Weg eines Objekts vom Künstlerstudio bis zu den heutigen Eigentümern lückenlos rekonstruieren. In der Praxis bedeutet das, kleinste Informationsteilchen zu recherchieren und wie bei einem Puzzle zu einem möglichst vollständigen Ganzen zusammenzufügen.

War Provenienzforschung vor einigen Jahren noch eine Nischenwissenschaft und nur Experten ein Begriff, ist sie heute in aller Munde. Die Diskussionen über NS-Raubkunst in Schweizer Museen haben sie in den Fokus gerückt. Auch die Herkunft von Objekten aus kolonialen Kontexten wird heute erforscht.

Provenienzforschung ist jedoch zeit- und kostenintensiv. Das wirft Fragen auf: Wozu eigentlich das Ganze? Welche Erkenntnisse kann Provenienzforschung uns bringen? Warum dauert es häufig so lange, bis entschlüsselt ist, woher ein Objekt stammt? Und: Gibt es eine rechtliche Verpflichtung zu forschen?

Die Forschung ist aber nur der erste Schritt. Die eigentlichen Schwierigkeiten beginnen danach: Wie weiter? Denn die Forschungsergebnisse können nicht nur für öffentliche Museen, sondern auch für private Eigentümerschaften, die sich mit belastetem Kulturgut in der Sammlung konfrontiert sehen, beispielsweise Stiftungen oder Sammlungen, zur Herausforderung werden – beispielsweise, wenn ein Kunstwerk veräussert, verliehen oder ausgestellt werden soll. Doch gesicherte Erkenntnisse bieten die Chance, eine fundierte eigene Haltung zu entwickeln und Sicherheit im Umgang mit diesen Objekten zu gewinnen.

Der Vortrag klärt historische Zusammenhänge und Begriffe, gibt Einblicke in die spannende Berufspraxis und informiert über neueste Entwicklungen in der Schweiz. Längst ist nämlich die Provenienzforschung mit der Einsetzung einer Unabhängigen Kommission auch in der Bundespolitik angekommen.